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GDL: Mitarbeiter trifft keine Schuld

Die Ortsgruppe Bebra der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) kritisiert das Störungsmanagement der Deutschen Bahn auf das Schärfste. Thomas Mühlhausen, Vorsitzender der Ortsgruppe dazu: „Die schweren Unwetter am Freitagabend in weiten Teilen Deutschlands haben auch massiv den Bahnverkehr beeinträchtigt. Mehrere tausend Reisende erreichten ihr Ziel entweder gar nicht oder stark verspätet da umgestürzte Bäume die Oberleitungen zerrissen haben und die Strecken teilweise bis Sonntagmittag blockiert. Hinzu kamen hunderte Mitarbeiter die aufgrund der ungewöhnlichen Situation nicht nur ein paar Minuten länger Dienst schoben sondern genau wie die Reisenden in den steckgebliebenen Zügen ihren Dienst versahen und vor Ort versuchten das Beste was möglich war zu tun und den Reisenden weiterzuhelfen.“
Mühlhausen kann den Unmut der Reisenden über die Entscheidungen der Bahn verstehen, nicht aber darüber wie sich dieser gegen die Mitarbeiter richten kann. „In einem vollbesetzten ICE sind neben dem Lokführer oftmals nur zwei oder drei Zugbegleiter, die bis zu 900 Fahrgästen gegenüberstehen, in einem Regionalzug kann dies manchmal sogar nur ein Zugbegleiter sein, oder sogar der Lokführer alleine. Wer diese Zahlen miteinander vergleicht wird feststellen, dass das Personal in solchen Situationen hoffnungslos überlastet ist. Ansagen bleiben da oftmals die einzigen Informationsmittel, eine persönliche Information für jeden Einzelnen ist hier einfach nicht zu leisten. Ich bin der festen Überzeugung, dass alle meine Kolleginnen und Kollegen an diesem Abend ihr Bestmöglichstes gegeben haben und nach besten Wissen gehandelt haben.“ Das Störungsmanagement und die Informationspolitik der Bahn erhalten von Mühlhausen jedoch eine glatte Sechs. „Mir ist ein Fall bekannt wo ein Ehepaar gegen 20 Uhr am Freitagabend von Frankfurt aus nach Bad Hersfeld wollte. Dazu wollten sie einen ICE nutzen, welcher nach Leipzig fahren sollte. Sie wurden genauso wie alle anderen Reisenden darauf hingewiesen, dass sich die Abfahrt wegen der Unwetterschäden auf unbestimmte Zeit verzögern würde. Etwa zwei Stunden später wurden die Reisenden gebeten den Zug zu verlassen da dieser rangiert werden müsse um mit einem anderen Zugteil zusammengekuppelt zu werden. Nachdem nach fast einer halben Stunde alle Fahrgäste in dem nun an einem anderen Gleis stehenden Zug wieder ihre Plätze eingenommen hatten wurden sie darauf hingewiesen, das alle Halte zwischen Hanau und Naumburg an der Saale, darunter auch Fulda, Bad Hersfeld und Eisenach entfallen würden da der Zug über Köln und Hannover nach Leipzig umgeleitet würde, eine Ersatzmöglichkeit konnte der Zugbegleiter leider nicht anbieten da er darüber keine Informationen erhalten hatte. Wie viele andere auch machten sie sich nun auf eigene Faust auf den Nachhauseweg. In Hanau strandeten sie mit weiteren etwa 300 Fahrgästen, die auf Busse und Taxen warten sollten, hier war allerdings kein DB-Mitarbeiter anzutreffen, außer einem Lokführer-Kollegen aus Bebra, der ebenfalls nach Hause wollte. Nachdem aber nach fast vierzig Minuten immer noch kein Bus fuhr erreichte er endlich die zuständige Stelle, welche ihm mitteilte das keine Busse, sondern nur Taxen bis Gelnhausen fahren würden, was er als einzigster Mitarbeiter vor Ort auch so dann den wartenden Reisenden mitteilte. Da auch Taxen an diesem Abend sehr rar waren dauerte es eine ganze Weile bis sie in Gelnhausen angelangten. Hier mussten sie wieder über eine Stunde auf einen Zug nach Fulda warten. Die Krönung des Ganzen war dann, dass man ihnen von Seiten der Betriebszentrale wie weiteren Fahrgästen Richtung Bad Hersfeld und Bebra keinen Taxigutschein gewähren wollte, da die Strecke in die Verantwortung von cantus fallen würde. Scheinbar hatte man in Frankfurt ausgeblendet, dass neben den ICE nach Bad Hersfeld noch einige wenige Nahverkehrszüge der DB die Strecke bis Bebra befahren. Das auch hier erst wieder das Engagement des Lokführer bei der zuständigen Stelle dafür sorgte das doch ein Taxigutschein ausgestellt werden konnte ist bezeichnend. Beide erreichten Bad Hersfeld statt wie vorgesehen um kurz vor 22 Uhr des Freitagabend erst um 3 Uhr morgens.“
Mühlhausen schlägt daher folgendes vor: „Alle Zugbegleiter der Deutschen Bahn im Nahverkehr, sowie die Zugchefs im Fernverkehr und alle Lokführer verfügen über Diensthandys. Über Sammel-SMS wäre es möglich die eintreffenden und vorhandenen Informationen allen Mitarbeitern zukommen zu lassen. Des Weiteren muss dafür Sorge getragen werden, dass in einer solchen Situation unabhängig vom jeweiligen Eisenbahnunternehmen die Zusammenarbeit besser klappt. Während viele private Unternehmen dies der Bahn anbieten schlägt diese das Angebot wie ein gekränktes Kind aus. Hier muss das Konkurrenzdenken aufhören, auf der Schiene gibt es keine Konkurrenten, sondern nur Mitbewerber. Die wahre Konkurrenz ist das Auto. Und letzten Endes muss die Bahn wieder Geld in die Vegetationskontrolle investieren. Bis noch vor zwanzig oder dreißig Jahren wurden die Seitenstreifen links und rechts der Schienen immer freigeschnitten, Bäume die in Gleisnähe standen wurden gefällt oder zurückgeschnitten, da man hier stets das Risiko sah das er bei einem Gewitter oder Sturm ins Gleis fallen könnte.“ Alle genannten Maßnahmen, darüber ist sich auch Mühlhausen klar, sind mit nicht unerheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden. „Scheinbar nimmt man aber lieber ein solches Desaster in Kauf als auf dem Weg an die Börse mögliche Investoren zu vergrämen. Wir sollten dankbar sein dass es am Freitagabend keine Verletzten oder sogar Toten in den Zügen gegeben hat, umstürzende Bäume können nämlich durchaus auch Züge treffen.“

Nachricht vom 2.6.08 07:44

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Letzte Aktualisierung: Dienstag, 06. Juni 2023

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