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„Keine Patente auf Leben“

Informationsveranstaltung von Landrat Dr. Schmidt: „Patentierung von Nutzvieh und Nutzpflanzen – Fluch oder Segen“ mit großer Resonanz

„Keine Patente auf Leben“ – in dieser durchaus kämpferischen Forderung waren sich zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines „Biopatente-Informationsabend“ einig, zu dem Landrat Dr. Karl-Ernst Schmidt eingeladen hatte. Rund 60 Landwirte waren seiner Einladung gefolgt und hörten im Bürgerhaus in Friedlos zum Teil bedenklich stimmende Informationen von zwei Referentinnen, die aus unterschiedlicher Betrachtungsweise an das Thema herangingen, sich aber gleichwohl in der Forderung nach Verzicht auf Bio-Patente einig waren.

(v.l.n.r.: Werner Scheffer, Fachdienst Ländlicher Raum, Friedhelm Diegel, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Hersfeld-Rotenburg, Kreislandwirt Horst Taube, Landrat Dr. Karl-Ernst Schmidt, Inken Lampe vom Deutschen Bauernverband, Dr. Maren Heincke vom Evangelischen Zentrum für Erwachsenenbildung und Klaus Reinhard vom Landesbetrieb Landwirtschaft Eichhof Bad Hersfeld

„Patentierung von Nutzvieh und Nutzpflanzen – Fluch oder Segen“ lautete die Überschrift zur Veranstaltung, mit der der Landrat informieren und eine Diskussion anregen wollte. „Viele Landwirte, mit denen ich spreche, aber auch Bürgerinnen und Bürger äußern Besorgnis über den Bereich der Biopatentierung im Allgemeinen und den Vollzug des Patentrechts bei nicht-gentechnischen Züchtungsverfahren im Besonderen“, hatte der Landrat in seiner Begrüßung ausgeführt.

Viele Fragen seien ungeklärt. Viele Besorgnisse würden geäußert. Viele Gerüchte machten die Runde. Aus diesem Grund habe er gemeinsam mit Kreislandwirt Horst Taube und dem Vorsitzenden des Kreisbauernverbandes, Friedhelm Diegel, zwei Expertinnen eingeladen: Vom Deutschen Bauernverband Inken Lampe und Dr. Maren Heincke vom Evangelischen Zentrum für Erwachsenenbildung.

Die Grundlagen für Patente, die Unterschiede zwischen Patentierung und Sortenschutz und einige juristische und technische Aspekte des Themas erläuterte zunächst die Juristin des Bauernverbandes, Lampe. „Aha-Effekte“ erzielte sie mit dem Hinweis, dass das Deutsche Patentamt sich über die Patentgebühren finanziert und dass eine Ablehnung eines Patentantrages einen mehr als doppelt so großen Arbeitsaufwand verursache, wie eine Erteilung. Wie auch nachfolgend Dr. Heincke wies Lampe darauf hin, dass technische Verfahren unstreitig patentierbar seien, dass Pflanzensorten und Tierarten aber von Patenten ausgeschlossen seien. An genau dieser Stelle setze allerdings die „Schwammigkeit“ der Bestimmungen ein, es würden gleichwohl Patente erteilt, wie das laufende Verfahren gegen das sogenannte „Brokkoli-Patent“ zeige.

Auf diese Patenterteilung für Brokkoli wies auch nachfolgend Dr. Heincke nochmals hin und berichtete, dass in Kürze der großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes 35.000 Unterschriften übergeben würden, damit dieses Patent zurückgenommen wird. Sie berichtete auch von den hohen Kosten, die ein Einspruch gegen ein europäisches Patent verursacht und dass sehr schnell Kosten von bis zu 100.000 Euro entstehen könnten. Die großen Konzerne hätten eigene Patentabteilungen und versuchten so, ihre Interessen durchzusetzen. Sehr eindringlich wies sie auf die Gefahren hin, die durch Patente entstehen können, wie die Einengung der Artenvielfalt oder die Monopolisierung der Nahrungsmittelerzeugung.

Die anschließende engagierte Diskussion, die von Klaus Reinhard vom Landesbetrieb Landwirtschaft Eichhof Bad Hersfeld moderiert wurde, war gekennzeichnet von der Besorgnis der Landwirte vor negativen Entwicklungen. Schwierig sei bei der Beurteilung die Unterscheidung zwischen Verfahrenspatenten und Produktpatenten. Der Sortenschutz reiche eigentlich aus; Patente auf Tiere und Pflanzen sollten nicht erteilt werden, war die abschließende Stimmungslage der Versammlung.

„Wir bewegen uns an der Schnittstelle von Naturwissenschaften, rechtlicher Regelung, politi-scher Gesetzgebung und wirtschaftlichen Nutzinteressen. Und natürlich auch der Ethik“, fasste Landrat Dr. Schmidt die Veranstaltung zusammen. „In Deutschland bekennen wir uns zum wissenschaftlichen, technologischen und biotechnologischen Fortschritt und fördern ihn auch in Bezug auf wirtschaftliche und insbesondere landwirtschaftliche Verwertung. Aber wir wollen einen Fortschritt mit Maß, mit Reflexion und mit Verantwortung. Das gilt auch im Bereich der Bio-Patentierung allgemein und ebenso mit dem Blick auf Landwirtschaft und Züchtung“, sagte Landrat Dr. Schmidt abschließend.

Nachricht vom 24.10.08 10:02

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