Wildeck auf dem Weg zur gentechnikfreien Region
„Traut euch! Es geht doch!“
Die dynamische Entwicklung der vergangenen Monate beim Thema Gentechnik spiegelte die Veranstaltung im Obersuhler Bürgerhaus, zu der Wildecks Bürgermeister Grau mit Unterstützung des Imkervereins Blumenstein eingeladen hatte. Umweltingenieur Jörg Felmeden von der Initiative für ein Gentechnikfreies Werra-Meißner-Land erläuterte zunächst vor über 50 Zuhörern die technischen Grundlagen der Agro-Gentechnik und ging auf die gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Risiken ein, die der Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) mit sich bringt.
Dr. Peter Hamel, selbst traditionell wirtschaftender Landwirt, wies als zweiter Referent nachdrücklich darauf hin, dass es aus dem Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen in den USA und Kanada seit nunmehr 15 Jahren genügend Erkenntnisse gebe, die die Schädlichkeit für Mensch und Tier belegten. So sei jetzt nach vielen schmerzlichen Erfahrungen der Verbraucher und der Landwirte die Aussaat von GVO in den USA rückläufig. Man habe erkannt, dass die Versprechungen auf höhere Erträge und geringeren Spritzmitteleinsatz sich langfristig genau ins Gegenteil verkehrt hätten. „Auf über 10.000 Hektar in den USA sind bereits resistente Superunkräuter entstanden, die den Ackerbau dort komplett unmöglich machen“, berichtete er. Auch die Gesundheitsrisiken belegte er mit vielen Beispielen. So waren in den USA nachweislich etwa hundert Menschen gestorben, weil sie gentechnisch veränderte Nahrungsergänzungsmittel zu sich genommen hatten.
Marktmacht durch gemeinsamen Einkauf
Zwar ist der Anbau der meisten genveränderten Pflanzen in Deutschland verboten, doch kommt auf dem Umweg über die Futtertröge der Milch- und Fleischerzeuger doch wieder Gentechnik auf den Tisch der Verbraucher. „Traut euch! Es geht doch!“, appellierte Hamel daher an die anwesenden Landwirte, nur noch GVO-freie Futtermittel einzusetzen. Mit seiner Einkaufsgemeinschaft „Zivilcourage Vogelsberg“, die mittlerweile über 10.000 Tonnen jährlich einkauft, erzielt er ein Umdenken bei den Futtermittelanbietern und straft die Aussage Lügen, man bekäme keine GVO-freien Futtermittel zum akzeptablen Preis. Durch das von Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner eingeführte Logo „Ohne Gentechnik“, das von immer mehr Molkereien eingesetzt wird, haben die Verbraucher jetzt die Möglichkeit, sich bewusst gegen Gentechnik zu entscheiden.
Zu Beginn der Veranstaltung hatte Bürgermeister Grau erklärt, er werde persönlich einen Antrag in die Gemeindevertretung einbringen, um auf den gemeindeeigenen Flächen den Einsatz von GVO nicht mehr zuzulassen. Eine entsprechende Empfehlung des Kreistags wartet in vielen anderen Kommunen noch auf Umsetzung. Bisher haben nur Alheim und Nentershausen den Beschluss gefasst, auf gemeindlichen Flächen den Anbau von GVO nicht mehr zuzulassen. Auch viele Landwirte verzichten in diesen beiden Kommunen per freiwilliger Selbstverpflichtung auf den Einsatz von Gentechnik im Ackerbau. |