Mehr ältere Patienten – weniger Ärzte
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Expertenrunde (v.l.n.r.) auf Einlad . |
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Informationsveranstaltung zur künftigen ärztlichen Versorgung im Landkreis / Neue Modelle der Kooperation sind gefordert
„Immer mehr Menschen blicken mit Sorge auf die zukünftige ärztliche Versorgung im ländlichen Raum. Wenn sich an den Rahmenbedingungen nichts ändert, wird die ambulante ärztliche Versorgung nicht in dem gegenwärtigen Maße gesichert werden können. Deshalb müssen wir überlegen, was getan werden kann“. Mit diesen Worten eröffnete Landrat Dr. Karl-Ernst Schmidt eine weitere Informations- und Diskussions-Veranstaltung, zu der insbesondere Ärzte, Klinikvertreter sowie kommunale Verantwortungsträger ins Landratsamt geladen waren. Hauptreferent war Rechtsanwalt Hans-Joachim Schade von der Kanzlei Broglie & Schade GbR aus Wiesbaden, der in einem eindrucksvollen Referat das Thema aufarbeitete: „Frühzeitig haus- und fachärztliche Unterversorgung kompensieren – nachhaltig mit weniger Ärzten eine älter und immobiler werdende Gesellschaft besser versorgen“.
Nach der Problemstellung, wie die technische Infrastruktur in den ländlichen Gebieten für eine abnehmende und älter werdende Gesellschaft effizient und bezahlbar umgestaltet werden kann war das Thema ärztliche Versorgung der zweite Schwerpunkt, mit dem sich die von Landrat Dr. Schmidt initiierte Gesprächsreihe befasste. „Unser Ziel muss es sein, eine ordentliche Versorgung für die Menschen sicherzustellen“, formulierte Dr. Schmidt.
Angesichts der Daten und Fakten, die Anwalt Schade nachfolgend darstellte, ist das Ziel einer gesicherten ärztlichen Versorgung eine besonders große Herausforderung: 2020 werden nur noch 50 Prozent der benötigten Allgemeinärzte vorhanden sein, davon 60 Prozent Frauen, referierte Schade. Für das „flache Land“ drohe eine Unterversorgung, da nur noch jede vierte Arztstelle besetzt werden wird. „Facharzt ist eben chicer als Hausarzt“, erklärte der Experte die Tendenz.
Vor diesem Hintergrund müsse heute schon überlegt werden, wie die doppelte Patientenmenge mit weniger Ärzten versorgbar sein wird. Dabei gebe es zwei Anforderungen. Zum einen die Versorgung in zumutbarer Entfernung und zum anderen die zeitnahe Versorgung mit Hilfe von Bring- und Holdiensten. Diejenigen Kommunen, denen es gelinge, die Gesundheitsversorgung zu konzentrieren, prognostizierte Schade einen strategischen Vorteil.
Lösungsansätze sah der Experte in der engeren Kooperation von Hausärzten und Fachärzten. Er regte aber auch an, Gesundheitsgenossenschaften zu prüfen.
Neue Formen der Arbeitsteilung in ärztlichen Wirtschaftsbetrieben mit Entlastung der Organisation und Verwaltung durch eine nicht-ärztliche Geschäftsführung, vergleichbar einem kaufmännischen Geschäftsführer im Krankenhaus, stellte er ebenfalls als Modell vor und regte intersektorale Versorgungsstrukturen an. Ausdrückliches Lob sprach Schade den Verantwortlichen aus für die Gründung der Hausarztakademie im Landkreis Hersfeld-Rotenburg, die das Ziel hat, junge Ärzte optimal zum Allgemeinmediziner weiterzubilden.
Landrat Dr. Schmidt kündigte abschließend an, dass das Thema weiter diskutiert und vorangebracht werden wird. Die Reihe der Informations- und Diskussionsveranstaltungen werde fortgesetzt, etwa mit dem Thema ÖPNV. „Wir müssen uns vorbereiten auf sich ändernde gesellschaftliche Strukturen aus weniger Menschen, die älter werden“. sagte Dr. Schmidt abschließend. |